Urban Gardening in Barcelona. Eine Deutsche im Glück.

Gestern war ich zu Besuch bei Miriam im Garten, ihrem kleinen huerto, der inmitten von Poble Nou liegt. Dieses Stadtviertel ist eine ehemalige Industrieregion, südöstlich vom Zentrum Barcelonas gelegen. Heutzutage ist dieses Gebiet vor allem durch den Prozess der Gentrifizierung gekennzeichnet und wird auch das Innovativzentrum Barcelonas genannt: viele Künstler, Designer und moderne Firmen haben sich mittlerweile angesiedelt und prägen das Stadtbild. Lofts, Gebäude mit hoher Ökoeffizienz, Filmstudios und Cafe´s mit Pflanzen kann man hier an jeder Ecke entdecken.

Miriam ist aus Deutschland und wohnt seit ca. 4 Jahren in Barcelona. Einen eigenen Garten mit Gemüseanbau in der Stadt war schon länger ihr Wunsch, und so besuchte sie verschiedene Kurse im Bürgerzentrum, um mehr über Gemüseanbau zu lernen. Sie schrieb sich auf eine Warteliste ein, um sich für eine Parzelle zu bewerben. Es schien aussichtslos: sie sollte sich auf eine Wartezeit von bis zu drei Jahren einstellen. Bis sie ein paar Monate später einen Anruf bekam und ihr verkündet wurde, dass neue Gärten angelegt worden seien und sie nun die Möglichkeit hätte, eine eigene Parzelle zu bekommen. Große Freude machte sich breit! Ganz unerwartet und im Glück kaufte Miriam ihre ersten Pflanzen und Pflanzensamen: bisher hatte sie noch nie selber Gemüse angebaut und war sich unsicher: was wächst am Besten, wie machen das die anderen, worauf muss ich achten?

Wie sich herausgestellt hat: die neuen Nachbarn waren genauso Anfänger wie sie. Mittlerweile hat sie in ihrem Garten u.a. Tomaten, rote Beete, Salat, Paprika, Auberginen und Karotten erfolgreich angebaut. Sie freut sich täglich über jeden kleinen Wachstum. Einen Garten zu haben bedeutet aber auch viel Arbeit: gerade in den Sommermonaten ist es in Barcelona natürlich sehr heiß, sodass das Beet jeden Tag gegossen werden muss. Aber sobald sie vor ihrem Gemüse steht, fährt sie runter und vergisst den ganzen Alltagsstress der Großstadt.

Dass es ein Trend ist, einen kleinen Stadtgarten zu besitzen, kann man wohl kaum anzweifeln. Aber woher kommt diese Sehnsucht? Fakt ist, dass der Großstadtmensch Entschleunigung sucht. Diese Trendwelle des Urban Gardening setzt sich immer mehr durch: urbane Gärten über den Dächern von New York, wo die Erdbeeren und der Salat direkt für das Restaurant unten drunter angebaut werden, Anbaumöglichkeiten in deutschen Städten, wo sich jeder nehmen darf was er braucht; Büros in Japan, wo die Mitarbeiter dazu aufgerufen werden, ihren eigenen Salat anzubauen, der dann in der Mensa zubereitet wird. Es gibt endlose Beispiele für das Interesse an diesem Stadtgemüse. Selbstverpflegung ist das Stichwort: man weiß, wo das Gemüse und Obst herkommt und baut eben so viel an, wie man selber verbraucht.

Die Anmeldegebühr für eine Gartenparzelle in Poble Nou liegt bei 50,00 €. Man bezahlt ca. 30,00 € für die Parzelle und dann nochmals 30,00 € im Jahr für Wasser und Miete. Bis zu drei Jahren darf man den Garten bewirtschaften, dann ist jemand Neues an der Reihe. Viele ältere Leute nutzen diese Gärten in Barcelona: den Garten zu pflegen und das eigene Essen zu ernten, das ist Erfüllung.

Seitdem Miriam ihren eigenen Garten besitzt, hat sie viel ausprobiert und ist jedes Mal tief im Glück, wenn sie beim Umgraben und Ernten die Zeit vergisst. „Diese Luft hier!“. Man merkt ihr die Begeisterung sofort an. Schnell pflückt sie noch zwei grüne Paprika für das Abendessen: heute soll es Pakoras geben.

 

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